Notwendige Erfahrungen
Liebe Leserinnen und Leser,
Eine Geschichte habe ich gelesen, die ich Ihnen gerne weitergeben möchte:
Ein Wissenschaftler beobachtete einen Schmetterling und sah, wie sehr sich dieser abmühte, durch das enge Loch aus dem Kokon zu schlüpfen. Stundenlang kämpfte der Schmetterling, um sich daraus zu befreien. Da bekam der Wissenschaftler Mitleid mit dem Schmetterling, ging in die Küche, holte ein kleines Messer und weitete vorsichtig das Loch im Kokon, damit sich der Schmetterling leichter befreien konnte. Der Schmetterling entschlüpfte sehr schnell und sehr leicht. Doch was der Mann dann sah, erschreckte ihn sehr. Der Schmetterling, der gerade entschlüpft war, war ein Krüppel. Die Flügel waren ganz kurz und er konnte nur flattern, aber nicht richtig fliegen. Da ging der Wissenschaftler zu einem Freund, einem Biologen, und fragte diesen: „ Warum sind die Flügel so kurz, und warum kann dieser Schmetterling nicht richtig fliegen? Der Biologe fragte ihn, was er denn gemacht hätte. Da erzählte der Wissenschaftler, dass er dem Schmetterling geholfen hatte, leichter aus dem Kokon zu schlüpfen. „Das war das Schlimmste, was du tun konntest! Denn durch die enge Öffnung ist der Schmetterling gezwungen, sich hindurch zu quetschen. Erst dadurch werden seine Flügel aus dem Körper herausgequetscht, und wenn er dann ganz ausgeschlüpft ist, kann er fliegen. Weil du ihm geholfen hast und den Schmerz ersparen wolltest, hast du ihm zwar kurzfristig geholfen, aber langfristig hast du ihn zum Krüppel gemacht.“
Mir kommt diese Geschichte wie ein modernes Gleichnis vor. In dem bekannten „Danke“-Lied lautet eine Zeile: „Danke für manche Traurigkeiten“. Manchmal brauchen auch wir den Schmerz, um uns entfalten zu können. Manchmal müssen wir durchs „Gedränge“ hindurch, wie Martin Luther es ausgedrückt hat, um der oder die zu sein, die wir sein können, oder um die oder der zu werden, die wir sein sollen. Manchmal kann der Weg durch die Not hindurch im wahrsten Sinn des Wortes „not-wendig“ sein –und uns zu neuem Leben, zu neuem Glauben und Vertrauen führen.
Ich wünsche Ihnen not-wendige Erfahrungen,
Ihr Pastor Wolfram Bach